Münchens Anti-Faschings-Mob

Auf den Tag genau - A podcast by Jan Fusek, Fabian Goppelsröder und Robert Sollich

München ohne Fasching, das ist eigentlich ähnlich undenkbar wie München ohne Oktoberfest, und doch stellt das Jahr 2021 diesbezüglich keine Premiere dar: Bereits vor einhundert Jahren verbot ein bayerischer Ministerpräsident das bunte winterliche Treiben, wenn auch aus ganz anderen Motiven als sein später Nachfolger Markus Söder. Der antisemitische Monarchist Gustav von Kahr wollte mit dieser Maßnahme ein Zeichen gegen die Entwaffnungs- und Reparationsforderungen setzen, die soeben auf der damit befassten Londoner Konferenz gegen Deutschland erhoben worden waren und die hierzulande, wie hier bereits vor einigen Tagen zu hören, durch sämtliche politische Lager auf Empörung stießen. Den erklärten Faschingsboykott hielten dennoch keineswegs alle Münchener für das geeignete Mittel des Widerstands; woraufhin die mancherorts doch stattfindenden Bälle von rechtsgerichteten Kräften teilweise brutal gestört wurden – und Bayerns Ruf als „Ordnungszelle des Reiches“, zu der es von Kahr zu ‘erheben‘ gedachte, schwer litt. So zumindest das Fazit des Berliner Tageblatt vom 7. Februar 1921, hier gelesen von Paula Leu.

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