Stephan Lamby: „Scholz braucht die FDP“
Das Scholz-Update - der Bundeskanzler-Podcast - A podcast by Lars Haider, FUNKE Mediengruppe - Wednesdays
Als Stephan Lamby am Ende des Jahres 2021 gefragt wurde, ob er sich vorstellen könnte, einen Dokumentarfilm über die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP drehen zu können, hat er länger überlegt. Würde das denn spannend genug werden? Was gäbe es für Bilder, wenn die Corona-Pandemie vorbei ist und sich die Ampel-Koalition vor allem mit der Klimawende beschäftigen müsste? Und: eignet sich ein Kanzler wie Olaf Scholz für so ein Format? Es gab einige Fragen, aber schließlich sagte Lamby zu und traf damit, ohne es zu wissen, eine der wichtigsten Entscheidungen in seinem Leben. Denn inzwischen arbeitet er seit mehr als einem Jahr an einer Dokumentation über eine Bundesregierung in Kriegszeiten, und ist so nah an Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner wie wenige andere Journalisten. „Ich war gerade wieder mit Annalena Baerbock auf Reisen“, erzählt Lamby in dieser Folge des „Scholz-Update“ , und dass er auch Olaf Scholz mehrfach zu Gesprächen und Interviews getroffen habe. Der Kanzler befände sich, so Lambys Einschätzung, in einer Zwischenphase, fast könne man von einer Atempause sprechen. Was den Krieg in der Ukraine angeht, hat Deutschland die wichtigsten Entscheidungen bis hin zur Lieferung von Kampfpanzern getroffen. Viel mehr geht nicht und viel mehr will Scholz auch nicht. „Seine Regierung hat das vergangene Jahr weitgehend damit verbracht, sich über Wladimir Putin Gedanken zu machen“, sagt Lamby. „Jetzt müssen alle warten, wie es in der Ukraine ganz konkret auf dem Schlachtfeld weitergeht. Man rechnet damit, dass die Russen ihre Offensive verstärken wird und dass die Ukrainer zur Gegenoffensive ausholen. Im Moment kann die deutsche Regierung nicht viel tun, und deshalb nutzen sowohl der Kanzler als auch seine wichtigsten Minister die Zeit, um sich endlich stärker an die Themen zu machen, die im Koalitionsvertrag stehen.“ Etwa um das Verbot von Gas- und Ölheizungen, das Wirtschaftsminister Robert Habeck auf 2024 vorziehen will, unter anderem, weil er weiß, dass er seinen Anhängerinnen und Anhängern etwas vorweisen muss, bevor 2025 bereits die nächste Bundestagswahl ansteht. Bei den Grünen würde spätestens in einem Jahr die Diskussion darüber beginnen, wer der nächste Kanzlerkandidat werden soll – und dafür würden sich jetzt bereits Habeck und Baerbock in Stellung bringen. Übrigens genauso wie Olaf Scholz, der aber den Vorteil hat, dass er als Kandidat der SPD gesetzt ist. Habeck müsse sich, um diesmal Kanzlerkandidat der Grünen werden zu können, um die Parteibasis kümmern, „und da hilft es nicht, wenn man Atomkraftwerke oder Kohlekraft länger laufen lässt.“ Das Ziel müsse sein, jetzt Entscheidungen zu treffen, die in den nächsten zwei Jahren zu politischen Erfolgen führen und auf die man sich dann im Wahlkampf, jeder für sich, berufen kann: „Die SPD und die Grünen wissen, dass sie die Klimapolitik im vergangenen Jahr sträflich vernachlässigt haben, und dass das auf Dauer nicht gut gehen kann“, sagt Lamby. „Sie wollen und müssen jetzt Tempo in diesem Bereich machen, und treffen dabei auf die FDP, die sich ihrerseits nach den vielen Niederlagen bei Landtagswahlen profilieren muss.“ Während es für die Grünen perspektivisch um die Frage gehe, ob sie mit ihrem Kanzlerkandidaten (Habeck?) bei der nächsten Wahl vielleicht sogar vor der SPD liegen, stelle sich für die Liberalen um Bundesfinanzminister Lindner die Frage des politischen Überlebens, wie seinerzeit am Ende der Koalition mit Angela Merkel und der CDU. 2013 verpasste die FDP bekanntlich nach vier Jahren Regierung den Wiedereinzug in den Bundestag. „Dieses Schicksal will die FDP diesmal unbedingt vermeiden“, sagt Lamby, und dass auch Olaf Scholz ein Interesse daran haben müsste, dass die Liberalen erneut über die Fünf-Prozent-Hürde kommt: „Denn ohne die FDP könnte es für ihn sehr schwierig werden, wieder eine Regierung zu bilden.“