Rüdiger Striemer: "Für mich hat eine Psychiatrie jeden Schrecken verloren"

Rüdiger Striemer, erfolgreicher Vorstand der börsennotierten Aktiengesellschaft Adesso, hielt sich immer für stark. Bis er sich, Mitte 40 und auf dem Höhepunkt seiner Karriere, selbst in die Psychiatrie einweist. „Die Situation wurde von Tag zu Tag immer schlimmer, bis ich eines Nachts wach wurde und eine wahnsinnige Panikattacke hatte. Mein Puls und mein Blutdruck waren wahnsinnig hoch. Ich habe am ganzen Körper gezittert, war schweißnass“, erzählt der Top-Manager in der neuen Folge von Handelsblatt Mindshift. „Dann habe ich meine Nachbarin aus dem Bett geklingelt, zu der ich eine sehr freundschaftliche Beziehung habe und wir haben den Notarzt angerufen, der hat mir eine Valium reingehauen hat. Dann habe ich gesagt: Gisela, fahre mich bitte morgen zur Klinik.“ Mitten im Wald lernt er über acht Wochen in der Klinik, was ihn auf diese Talfahrt geschickt hat, woher seine Panikstörungen kommen und dass eigentlich gar nichts Schlimmes daran ist, sich professionell helfen zu lassen, wenn die Seele erkrankt ist. Wieder zu Hause, mutet er sich direkt am nächsten Tag einen lange Vorstandssitzung zu - und arbeitet noch drei Jahre lang weiter als Co-Vorstandsvorsitzender des IT-Beratungsunternehmens. Erst dann schaltet er einen Gang runter und kalibriert sein Arbeitsleben neu. Heute arbeitet Rüdiger Striemer als Leiter Internationalisierung eine Ebene unter dem Vorstand. Angst vor einem Rückfall hat der Manager keine. "Für mich hat so eine psychiatrische Klinik jeden Schrecken verloren, weil am Ende des Tages war ja diese Phase, diese zwei Monate in meinem Leben, wahnsinnig wichtig und haben mir auch echt geholfen", erzählt Rüdiger Striemer im Interview. In unserem sehr persönlichen erzählt Striemer offen über seine Krankheit, wie er sich wieder zurück in sein altes Leben gekämpft hat und wie es ihm heute, zehn Jahre nach der Psychiatrie, geht. Wenn Sie auch eine Psychotherapie machen oder gar ein längerer Klinikaufenthalt Ihren Lebenslauf schmückt, kann ich Ihnen an dieser Stelle eigentlich nur gratulieren. Weil es eine Menge Mut und Reife erfordert, sich seinen Problemen zu stellen, sich Schwäche einzugestehen, Selbstreflexion zu üben und sich als Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Und genau das sind wichtige Eigenschaften sowohl im Privatleben als auch im Beruf. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Zuhören.

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