Mit Julius Deutschbauer im Herz der ungelesenen Bücher

Julius Deutschbauer befragt Menschen über Bücher, die sie nicht gelesen haben. Der Österreicher besorgt und sammelt diese Werke, und so ist die Bibliothek der ungelesenen Bücher entstanden. Im Oktober 2020 ist Deutschbauer mit seiner Bibliothek im Herz der Stuttgarter Stadtbibliothek zu Gast. Wolfgang Tischer sprach mit Julius Deutschbauer für den Podcast des literaturcafe.de über ungelesene Bücher. 1997 hat der Wiener Künstler Julius Deutschbauer mit dem Projekt begonnen. Auf seiner Website julius-deutschbauer.com sind über 700 Gesprächstermine zu finden, viele davon als Audio-Mitschnitt. Bevor Deutschbauer die Menschen nach dem Buch fragt, das sie nicht gelesen haben, lautet seine erste Frage stets »Welches Wetter haben wir heute?« Eine Referenz an den Anfang eines Buches, das sehr oft von seinen Interviewgästen genannt wird: »Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften«. Julius Deutschbauer sortiert seine Bibliothek nicht nach den Namen der genannten Autorinnen und Autoren, sondern nach dem Nachnamen der Befragten. Bibliothekarisch ordentlich wird jedes Buch beschriftet mit einer Angabe wie »Dieses Buch hat Julia KÖNIG noch nicht gelesen«. Mehrfach genannte Bücher sind konsequenterweise mehrfach in der Bibliothek der ungelesenen Bücher vorhanden. Neben Klassikern der ungelesenen Bücher wie Joyces »Ulysses«, Hitlers »Mein Kampf« oder »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« von Proust, finden sich dort auch Asterix-Comics oder ein Perry-Rhodan-Sammelband. Fünf Jahre lang war die Bibliothek zunächst im Wiener Museumsquartier beheimatet, doch seit vielen Jahren ist Deutschbauer mit seinen Büchern weltweit zu Gast. Für drei Wochen ist die Bibliothek der ungelesenen Bücher Anfang Oktober 2020 in der Stuttgarter Stadtbibliothek beheimatet. Sie steht im sogenannten Herz des Gebäudes, dem gewaltig hohen Raum in der Mitte des Gebäudes, in dem sich normalerweise nichts befindet. Die Leere ist fast ein Symbol fürs Ungelesene. Während dieser Zeit lädt Deutschbauer Autorinnen und Autoren ein, die in seiner Bibliothek lesen. Zudem animiert er Besucherinnen und Besucher, während der Lesungen oder Vorträge Handarbeiten zu tätigen. Wer weder Wolle noch Nadeln dabei hat, bekommt gerne etwas ausgeliehen. So stehen nicht nur Bücher auf den Regalen, es finden sich dort auch handgestrickte Buchschoner oder Nackenrollen. Und über allem hängt in Stuttgart ein gewaltiger Bibliothekarsmantel. Im Herz der Stuttgarter Stadtbibliothek hat sich Wolfgang Tischer für den Podcast des literaturcafe.de mit Julius Deutschbauer über sein ungewöhnliches Projekt und ungelesene Bücher unterhalten. Was fasziniert den Wiener so an ungelesenen Büchern, und wie stellt man Menschen Fragen zu ungelesenen Büchern? Und was antworten diese? Schämen Sie sich oder sind sie stolz darauf, gewisse Werke nicht gelesen zu haben? Eine Frage stellt Julius Deutschbauer jedoch nie: Warum die Menschen »ihr« Buch noch nicht gelesen haben. Das interessiert Deutschbauer nicht, vielmehr interessieren ihn die Geschichten, die die Menschen über ihr ungelesenes Werk erzählen. Die Antworten verraten viel über die Befragten. Hören Sie das vollständige Gespräch mit Julius Deutschbauer über seine Bibliothek der ungelesenen Bücher im Podcast des literaturcafe.de über den Player unten auf dieser Seite. Der Podcast ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. Aufgezeichnet wurde die Folge am 29. September 2020 in der Bibliothek der ungelesenen Bücher im Herzen der Stuttgarter Stadtbibliothek.

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Der Podcast für alle, die verrückt nach Büchern sind: Tipps, Interviews, Berichte, Kurzgeschichten, Gedichte und Kritiken. Mit Wolfgang Tischer.