Prof. Dr. Tom A. Rüsen – Das transgenerationale Moment

Pioniere wie wir - Der Kienbaum Podcast - A podcast by Kienbaum Consultants International

Was macht ein Familienunternehmen eigentlich zu einem Familienunternehmen? „Es ist der unbedingte Wille, das Geschäft an die nächste Generation zu übergeben.“ Das sagt Prof. Dr. Tom A. Rüsen, Geschäftsführender Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen (WIFU) an der Universität Witten/Herdecke, im Gespräch mit Fabian Kienbaum. „Wir nennen das das transgenerationale Moment.“ In dieser Folge „Pioniere wie wir“ geht es um die erfolgreiche Symbiose aus Forschung und Unternehmenspraxis, Veränderungen im Nachfolgeprozess und den Weg zu mehr Sichtbarkeit von Familienunternehmen in der Öffentlichkeit. Im WIFU, entstanden aus dem Kongress für Familienunternehmen, weht echter Pioniergeist, denn das Institut ist die erste Einrichtung, die sich auf universitärem Niveau mit dem Thema Familienunternehmen beschäftigt hat. „Unsere Arbeit ist stets an den Bedarfen der Praxis ausgerichtet. Forschungsergebnisse werden immer direkt mit den Unternehmen gespiegelt“, erklärt Rüsen. Für ihn selbstverständlich, denn „Familienunternehmen bilden die Mehrheit der deutschen Wirtschaft“. Auch wenn sich einige noch schwer täten mit dem erforderlichen Digitalisierungssprung, so wüssten Familienunternehmen Veränderungsmöglichkeiten durchaus zu nutzen: „Da ist die Tradition dann oft Reaktionsgeschwindigkeit und Machen.“ Verändert hat sich ihm zufolge auch einiges im Hinblick auf die Nachfolgedynamik, denn oft passten moderne Entscheidungen nicht mit dem klassischen Familienleben überein. Auch der Wunsch nach individueller Selbstverwirklichung sorge mit dafür, dass es heutzutage oft einen größeren Eigentümerkreis, aber weniger operativ tätige Familienmitglieder in den Unternehmen gebe. „Das Stichwort hier lautet Family Governance“, meint Rüsen. „Man benötigt klare Regeln, die den Einstieg von Familienmitgliedern regeln.“ Verwandtschaftsverhältnisse im Unternehmerkreis sorgten zwar per se für ein hohes Commitment aller Beteiligten, erst aus enkelfähigem Wirtschaften entstünden allerdings auch wahrhaftige Nachhaltigkeit, Krisen-Resilienz und sozialpartnerschaftliches Handeln. Hielt man sich als Familienunternehmen früher noch vornehm aus der Öffentlichkeit zurück, fristete die Firma fast automatisch ein Schattendasein – heute rückten diese „Hidden Champions“ dagegen verstärkt ins Rampenlicht. „Das ist ähnlich wie in der Wissenschaft: Wer nicht sichtbar ist, bekommt auch keine Förderung oder Unterstützung“, resümiert Prof. Dr. Rüsen. Glücklicherweise habe sich die Rolle in der Öffentlichkeit aber stark verändert, insbesondere durch Netzwerkformate, die einen ehrlichen Erfahrungsaustausch ermöglichten und Mut machten – so zum Beispiel durch den Familienunternehmerkongress, an dem er selbst federführend beteiligt ist. Zur Person: Prof. Dr. Tom A. Rüsen ist Geschäftsführender Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen an der Universität Witten/Herdecke, an der er von 1995 bis 2001 selbst Wirtschaftswissenschaften studierte. Obwohl seine Kommiliton:innen damals den ersten Kongress für Familienunternehmen organisierten, kam er selbst erst später mit dem Thema in Berührung: So arbeitete er Anfang der Zweitausenderjahre als Restrukturierungsberater in einem Familienunternehmen. Die Frage, wie die Unternehmerfamilie in einen solchen Transformationsprozess eigentlich eingebunden ist, entfachte seine Neugier; von 2005-2007 folgte die Promotion zu diesem Thema. Auch hier blieb er der Uni Witten/Herdecke treu. Was kaum jemand weiß: Eine weitere Leidenschaft Rüsens ist das Motorradfahren – so war er mit dem Bike beispielsweise schon am Mount Everest. Außerdem begeistert er sich nachhaltig für den Himalaya-Buddhismus.

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